Begrünte Dachflächen spielen eine wichtige Rolle im städtischen Wassermanagement und sind in zweierlei Hinsicht zentrale Bausteine von Mitigationsstrategien bezogen auf die Auswirkungen des Klimawandels im urbanen Raum. Einerseits sollen sie bei immer öfter auftretenden Starkregenereignissen das Risiko von Sturzfluten durch eine Verzögerung des Regenwasserabflusses reduzieren. Zum zweiten soll durch die Evapotranspiration der Flächen das thermische Milieu verbessert und die Entstehung von städtischen Hitzeinseln verhindert werden. Derzeit wird jedoch ein Großteil der Dachbegrünungen extensiv gestaltet, d.h. als Trockenstandorte mit dünnen Vegetationstragschichten und einer trockenheitsadaptierten, verdunstungsarmen Vegetation. Dies läuft beiden Aspekten - Verbesserung des Stadtklimas sowie Verzögerung des Wasserablaufs - zuwider.
Im
Rahmen eines früheren Forschungsprojektes konnte gezeigt werden, dass mit
extensiven, relativ kostengünstigen Dachbegrünungen bei Verwendung
verdunstungsstarker Pflanzen eine erhebliche Verdunstungskühlung erzielt
werden kann. Ein Ansatz zur Verbesserung des Wasserrückhalts sind
Retentionsdächer, bei denen der Wasserablauf durch spezielle Drainelemente,
die von der Vegetationstragschicht kapillar entkoppelt sind, stark verzögert
wird. Im Forschungsvorhaben sollen diese beiden Aspekte verknüpft und ein
adaptives, sensorgestütztes Bewässerungsmanagement für modifizierte, extensive
Dachbegrünungen unter Nutzbarmachung des Retentionsspeichers entwickelt
werden. Unter Einbeziehung von Umweltdaten (Substratfeuchte, Lufttemperatur,
Einstrahlung), der Wettervorhersage (z.B. anstehende Niederschläge) sowie der
verfügbaren Wasserressourcen (Regen- oder Trinkwasser) wird die
Bewässerungsstrategie kontinuierlich angepasst. So soll z.B. bei angekündigten
Starkregenereignissen der Wasservorrat im System (Substrat und Drain-/
Retentionselemente) minimiert werden, um einen maximalen Wasserrückhalt zu
erzielen. Gleichzeitig sollen unnötige Wasserverluste bei der Bewässerung
vermieden werden.
Die Untersuchungen sind in drei aufeinander aufbauende Phasen gegliedert. In
der ersten Projektphase, die schon weitgehend abgeschlossen ist, wurde aus
fünf grundsätzlich geeigneten Sensoren der für die Bodenfeuchtemessung in
Substraten für extensive Dachbegrünungen am besten geeignetste ermittelt und
kalibriert. Die derzeitige zweite Phase des Projekts bildet das Kernstück des
Vorhabens. Hierfür wurden im Gewächshaus sechs realitätsnahe kleinmaßstäbliche
Dachbegrünungsmodelle mit unterschiedlichem Systemaufbau (Substratdicke,
Vegetation, Drain- und Retentionselemente) errichtet und mit den in Phase I
ermittelten Bodenfeuchtesensoren sowie Sensoren zur Erfassung von Klimadaten
(Temperatur, Einstrahlung u.ä.) ausgestattet. Um den Wasserhaushalt im
Substrat detailliert nachverfolgen zu können, sind die Modelle wägbar und das
entstehende Drainwasser kann aufgefangen werden (siehe Abbildung). In einem
der sechs Modelle wurde zudem ein modifiziertes Retentionselement eingebaut,
dessen Wasservorrat kontinuierlich erfasst und aktiv beeinflusst werden kann.
Um Starkregenereignisse simulieren zu können, werden die Modelle mit einem
Niederschlagssimulator ausgerüstet. Über zwei Vegetationsperioden hinweg
werden verschiedene Wetterszenarien (Niederschlag, Temperatur, Luftfeuchte)
simuliert und ein adaptives Modell für die Bewässerungssteuerung entwickelt.
Zentrale Fragestellungen sind dabei: Welchen Beitrag leisten einzelne
Komponenten zum Regenwasserrückhalt? Wie lange dauert es, den Wasservorrat im
Substrat auf ein Minimum zu reduzieren? Auf welchem Minimalniveau kann der
Wassergehalt im Substrat gehalten werden ohne die Vegetation zu schädigen?
Welche Bewässerungsstrategie ist für eine maximale Verdunstungsleistung
notwendig?
In der dritten Phase, die parallel zur zweiten Vegetationsperiode von Phase II
stattfinden wird, soll das Bewässerungsmodell unter Freilandbedingen validiert
werden. Hierfür ist geplant, auf bereits vorhandene, gut etablierte Dachbegrünungen
zurückzugreifen.
Der gesamte Forschungsansatz stützt sich auf bewährte Komponenten, die - sofern notwendig - lediglich modifiziert und adaptiert werden. Dies betrifft zum Beispiel Sensoren zur Messung der Bodenfeuchte oder die Komponenten zur Erfassung und Nutzung des Wasservorrats im Retentionselement. Bei der Softwareentwicklung werden nur Module genutzt, die eine spätere Veröffentlichung des Quellcodes unter GNU-Lizensierung möglich machen. Somit können die Ergebnisse einfach und schnell in die Praxis umgesetzt werden. Zusätzlich wird darauf geachtet, dass durch die notwendige Technik bzw. die Bewässerungsstrategie keine erhöhten Anforderungen an die Gebäude-/Dachstatik entstehen, so dass auch bereits bestehende extensive Dachbegrünungen entsprechend nachgerüstet werden können.
Titel | Intelligentes Bewässerungsmanagement auf dem Dach |
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Medien | 12. Projekttage der Bauforschung |
Verlag | --- |
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Band | --- |
ISBN | --- |
Verfasser/Herausgeber | Dipl. Ing. (FH) Heinz-Josef Schmitz, Dr. Dieter Lohr, Ralf Walker, Prof. Dr. Elke Meinken |
Seiten | --- |
Veröffentlichungsdatum | 04.06.2019 |
Projekttitel | Intelligentes Bewässerungsmanagement auf dem Dach |
Zitation | Schmitz, H.; Lohr, D.; Walker, R.; Meinken, E. (2019): Intelligentes Bewässerungsmanagement auf dem Dach. 12. Projekttage der Bauforschung. |