• Laufzeit: 01.09.2012 – 31.12.2015
  • Schwerpunkt: Biodiversität
  • Forschungsstatus:  Abgeschlossen

Energiewende und Waldbiodiversität

Die naturverträgliche Nutzung von Waldenergieholz bedarf der Mitwirkung der Akteure vor Ort. Oft ist mit Verboten, aber auch mit finanziellen Anreizen nur wenig gewonnen, denn gerade bei der Brennholznutzung sind Traditionen, Emotionen, aber auch gemeinschaftlicher Konsens nicht zu unterschätzende Faktoren. Wichtig ist deshalb, Menschen bei ihren Bedürfnissen abzuholen und ihnen die Synergieeffekte und naturschutzfachliche Risiken in offener Kommunikation nahezubringen. Die im Rahmen des Wettbewerbs ausgezeichneten Praxisbeispiele liefern für die Einbindung von Akteuren hervorragende Beispiele. Die bisher hohe Akzeptanz der Energieholznutzung bietet günstige Voraussetzungen, im gemeinsamen Dialog zwischen Forst, Naturschutz und Energieproduzenten Lösungen zu erarbeiten, wie Zielkonflikte bei der Energieholznutzung vermieden werden können.

Hintergrund

Die Verwendung von Holz als Energieträger hat in den letzten zehn Jahren stark zugenommen. Dadurch ergeben sich Zielkonflikte zwischen Energiepolitik und Naturschutz. Es ist jedoch nicht bekannt, wie sich die Intensivierung der Energieholznutzung auf die Biodiversität auswirkt. Deshalb erteilte das Bundesamt für Naturschutz den Auftrag, „basierend auf einer Bewertung der aktuellen und prognostizierten Entwicklungen der Waldenergieholznachfrage und deren Auswirkungen auf die Wälder in Deutschland Empfehlungen für die „Neuausrichtung“ waldbaulicher Handlungsoptionen unter der Bedingung synergistischer bzw. indifferenter Auswirkungen auf naturschutzfachliche Ziele zu geben“. Das Forschungs-und Entwicklungsvorhaben wurde an der Fakultät Wald und Forstwirtschaft von September 2012 bis Dezember 2015 bearbeitet. Wesentlich für die erfolgreiche Durchführung war das interdisziplinäre Zusammenwirken der Lehrgebiete Ressourcenschutz und Nachhaltssicherung (Prof. Dr. Andreas Rothe), Botanik und Vegetationskunde (Prof. Dr. Jörg Ewald), Zoologie, Wildtierökologie und Entomologie (Prof. Dr. Volker Zahner) und Holzenergie (Prof. Dr. Stefan Wittkopf).

Die Mittelwaldbewirtschaftung im Gerolfinger Eichenwald bei Ingolstadt vereint Artenvielfalt, Brennholznutzung und Erholung in vorbildlicher Weise.
Schwarzspecht an einem Biotopbaum

Zielsetzung

Im Projekt sollten folgende Fragen geklärt werden: - Wie wirkt sich eine verstärkte Energieholznutzung auf die Biodiversität aus? - Welche Energieholzmengen sind nachhaltig nutzbar, ohne die Waldbiodiversität zu beeinträchtigen? - Welche Steuerungsinstrumente regeln derzeit die Energieholznutzung? - Wie wird das Thema „Energieholznutzung und Waldbiodiversität“ von den beteiligten Akteuren wahrgenommen? Schließlich wurde in einem bundesweiten Wettbewerb nach Praxisbeispielen gesucht, die Energieholznutzung und Naturschutz in vorbildlicher Weise vereinen.

„Leuchttürme gesucht“: Im Rahmen des Projektes wurden bundesweit fünf „Good Practice“ ausgezeichnet, die Energieholznutzung und Naturschutz vereinbaren.

Vorgehen

Die Methoden orientierten sich am DPSIR-Schema: Naturschutzfachliche Steuerung löst Reaktionen (Impacts) der Biodiversität aus, welche direkt vom Ökosystemzustand (State) abhängen. Diese werden durch Waldpflege und Holzernte (Pressures) gesteuert, welche ihrerseits von ökonomischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen (Driving Forces) abhängen. Naturschutzfachliche Indikatoren sollen gesellschaftliche Antworten (Responses) hervorrufen, die den Schutzgütern zu Gute kommen. Wirkungsindikatoren wurden mit Methoden der Naturschutzbiologie untersucht. Dabei wurde erstmals auch eine bundesweite Analyse des Zusammenhangs von waldökologischen Strukturparametern (nach Bundeswaldinventur BWI) und Vogelindikatoren (Monitoring des Dachverbands Deutscher Avifaunisten DAA) durchgeführt. Anhand von Potenzialstudien wurde untersucht, welche Energieholzmengen unter Beachtung von Biodiversi­tätsaspekten nachhaltig nutzbar sind. Dies fand sowohl für die drei Modellgebiete „Bayerisches Oberland“, „Märkisch Oderland“ und „Kulturlandkreis Höxter“ wie für das gesamte Bundesgebiet statt. Gesellschaftliches Umfeld und politische Steuerung wurden für Bayern, Brandenburg und Nordrhein-Westfalen durch Befragungen von Waldbewirtschaftern und Naturschutzverbänden analysiert.

Ergebnisse

Die Wälder in Deutschland sind derzeit in einem guten Zustand, obwohl die Energieholznutzung in den letzten 10 Jahren deutlich angestiegen ist. Nach Bundeswaldinventur (BWI) lässt die Entwicklung der naturschutzfachlich bedeutsamen Waldstrukturen bislang keine Auswirkungen einer verstärkten Energieholznutzung erkennen. Die Eingriffe in den Holzvorrat werden durch den Zuwachs überkompensiert und haben weder zu einem überregionalen Rückgang dicker, alter Bäume noch zu einer Verarmung an Baumarten geführt. Auch bei den Waldvogelgemeinschaften lassen sich bisher keine negativen Auswirkungen der gesteigerten Nutzung nachweisen. Das Waldenergieholzpotenzial wird derzeit weitgehend ausgeschöpft. Regional vorhandene zusätzliche Nutzungsmöglichkeiten im Privatwald sind aufgrund schwieriger Bewirtschaftungsverhältnisse und fehlenden Eigentümerinteresses nur eingeschränkt realisierbar. Zusätzliche Nutzungen als Beitrag zur Energiewende wären deshalb nur auf Kosten der stofflichen Holzverwendung und/oder der Biodiversität möglich. Andererseits ist die jetzige Intensität der Energieholznutzung nachhaltig und unter Beachtung gewisser Grundregeln ohne Beeinträchtigung der Biodiversität möglich. Waldbauliche Regeln und Nutzungsobergrenzen sind eine politische Entscheidung, die auf einer Einigung der Akteure basieren muss. Gesellschaftlicher Konsens muss, gestützt durch politische Steuerung, vor allem auf der lokalen Ebene gefunden werden. Bisher sind Energie-, Wald- und Naturschutzpolitik in dieser Hinsicht kaum abgestimmt und die notwendige Priorisierung der Ziele fehlt. In den naturschutzfachlichen und, noch bemerkenswerter, in den forstlichen Steuerungsinstrumenten findet man kaum dezidierte Aussagen zur Energieholznutzung.

Die Akteure sehen die Waldenergieholznutzung bisher überwiegend positiv. Negative Rückmeldungen seitens der Bevölkerung und von Naturschützern sind selten. Naturschutzverbände befassen sich derzeit kaum mit dem Thema Waldenergieholz. Die meisten Bedenken zur Waldenergieholznutzung beziehen sich auf eine mögliche Übernutzung und damit auf die Forstwirtschaft insgesamt. Bei allen Schwierigkeiten, Energieholznutzung von anderen Effekten der Holznutzung auf die Biodiversität zu trennen, lassen sich einige Empfehlungen für das Waldmanagement ableiten. Dabei reagieren Ökosysteme und Artengruppen so unterschiedlich, dass empfohlen wird nach Waldtypen zu differenzieren. In naturnahen Buchenmischwäldern kann eine Energieholznutzung neben der normalen Stammholznutzung stattfinden. Die größte Gefahr einer intensivierten Energieholznutzung stellt in diesen Wäldern der Verlust von Totholz und Altholzstrukturen dar. Hier gilt es durch geeignete Maßnahmen einen Strukturerhalt sowohl auf Landschafts- wie auf Bestandsebene anzustreben und dabei die für die herkömmliche forstwirtschaftliche Praxis aufgestellten Empfehlungen zu beachten und umzusetzen. In den anderen Waldtypen spielen lichte Waldstrukturen eine wichtige Rolle für die Biodiversität. Hier können viele seltene Baumarten und zahlreiche andere gefährdete Habitatspezialisten lichter Wälder durch Waldenergieholznutzung erhalten und sogar gefördert werden. Klassische Beispiele sind Wälder der traditionellen Kulturlandschaft, die erst durch eine intensive Energieholznutzung entstanden sind und eine hohe Biodiversität aufweisen.

Moderne Konzepte der Waldrandgestaltung integrieren mittelwaldartige Komponenten in das Waldmanagement und erzeugen dabei Synergien zwischen Energieholznutzung und Biodiversität. Derartige Nutzungsformen sollten in dafür geeigneten Gebieten gefördert werden. Als Beispiel sei hierfür an allererster Stelle die Mittelwaldbewirtschaftung in Eichenmischwäldern, Auwäldern und an Waldrändern genannt. Die naturverträgliche Nutzung von Waldenergieholz bedarf der Mitwirkung der Akteure vor Ort. Oft ist mit Verboten, aber auch mit finanziellen Anreizen nur wenig gewonnen, denn gerade bei der Brennholznutzung sind Traditionen, Emotionen, aber auch gemeinschaftlicher Konsens nicht zu unterschätzende Faktoren. Wichtig ist deshalb, Menschen bei ihren Bedürfnissen abzuholen und ihnen die Synergieeffekte und naturschutzfachliche Risiken in offener Kommunikation nahezubringen. Die im Rahmen des Wettbewerbs ausgezeichneten Praxisbeispiele liefern für die Einbindung von Akteuren hervorragende Beispiele. Die bisher hohe Akzeptanz der Energieholznutzung bietet günstige Voraussetzungen, im gemeinsamen Dialog zwischen Forst, Naturschutz und Energieproduzenten Lösungen zu erarbeiten, wie Zielkonflikte bei der Energieholznutzung vermieden werden können. Die naturverträgliche Nutzung von Waldenergieholz bedarf der Mitwirkung der Akteure vor Ort. Oft ist mit Verboten, aber auch mit finanziellen Anreizen nur wenig gewonnen, denn gerade bei der Brennholznutzung sind Traditionen, Emotionen, aber auch gemeinschaftlicher Konsens nicht zu unterschätzende Faktoren. Wichtig ist deshalb, Menschen bei ihren Bedürfnissen abzuholen und ihnen die Synergieeffekte und naturschutzfachliche Risiken in offener Kommunikation nahezubringen. Die im Rahmen des Wettbewerbs ausgezeichneten Praxisbeispiele liefern für die Einbindung von Akteuren hervorragende Beispiele. Die bisher hohe Akzeptanz der Energieholznutzung bietet günstige Voraussetzungen, im gemeinsamen Dialog zwischen Forst, Naturschutz und Energieproduzenten Lösungen zu erarbeiten, wie Zielkonflikte bei der Energieholznutzung vermieden werden können.

Projektrelevante Veröffentlichungen

- Ewald, J., Pyttel, P. (2016): Leitbilder, Möglichkeiten und Grenzen der De-Eutrophierung von Wäldern in Mitteleuropa. Natur und Landschaft 91: 211 – 217. - Hansbauer, M., Mägel, C., Pyttel, P., Rothe, A., Ewald, J. (2015): Leuchttürme gefunden! AFZ/Der Wald 18/2015: 38 – 41. - Pyttel, P., Rothe, A., Ewald, J. (2013): „Energiewende und Waldbiodiversität“ – Projekt sucht Konsens zwischen Ökologie und Ökonomie. LWF aktuell 97/2013: 21 – 23. Hansbauer M., Mägel C., Pyttel P., Rothe A., Ewald J. (2015) Leuchttürme gefunden! AFZ-Der Wald 18:38-41. - Pyttel, P., Wilnhammer, M.; Schießl, A., Schönfeld, F., Wittkopf, S., Zahner, V., Rothe, A., Ewald, J. (2013): Forschungsprojekt "Energiewende und Waldbiodiversität" gestartet. AFZ-Der Wald 68(8): 20-21. - Pyttel, P. (2013): Energiewende und Waldbiodiversität. Vortrag im Rahmen der Tagung "Energieholznutzung und Naturschutz", 21.06.2013, Strausberg. - Schumann, C., Pyttel, P. (2013): Energieholz im Zielkonflikt zwischen Forstwirtschaft und Naturschutz. Vortrag im Rahmen der Tagung "Schutz und Förderung von Biodiversität im Wirtschaftswald", Deutscher Verband Forstlicher Forschungsanstalten -Sektion Waldbau, 16.-17.09.2013, Münsingen. PDF-Dateien der Veröffentlichungen auf Anfrage erhältlich.

Das Projektlogo zeigt den Mittelspecht als typischen Bewohner von Eichenwäldern, die über Jahrtausende als Quelle für Brennholz genutzt wurden; durch das Anlegen von Baumhöhlen schaffen Spechte Lebensraum für viele waldspezifische Tierarten.

Leuchttürme gesucht!

Mit unserer Ausschreibung "Leuchttürme gesucht!" hatten wir dazu aufgerufen, uns Beispielprojekte aus der Praxis vorzustellen, die die Energieholznutzung und den Schutz bzw. Förderung der Biodiversität im Wald in vorbildlicher Weise vereinen. Auf diese Ausschreibung hin waren bei uns 13 Bewerbungen aus ganz Deutschland eingegangen. Am 7. Juli 2014 hatte eine Jury, bestehend aus verschiedenen Vertretern von Naturschutz, Forstwirtschaft, Energiewirtschaft sowie Holz- und Papierindustrie, vier Leuchtturm-Projekte ausgewählt. Die Jury-Entscheidung können Sie unter Weblinks in der rechten Informationsspalte als pdf herunterladen. Die Abschlussveranstaltung zu diesem Projekt fand am 10./11. November 2015 in Freising statt. Die Vorträge dazu finden Sie in der rechten Informationsspalte unter Weblinks.

Publikationen

  • Dr. Patrick Pyttel, Prof. Dr. Andreas Rothe, Prof. Dr. Jörg Ewald

    Energiewende und Waldbiodiversität. Projekt sucht Konsens zwischen Ökologie und Ökonomie. (2013) LWF aktuell (97), S. 21-23.

  • Dr. rer. silv. Fiona Schönfeld, Prof. Dr. Stefan Wittkopf, Prof. Dr. Volker Zahner, Prof. Dr. Andreas Rothe, Prof. Dr. Jörg Ewald, Dr. Patrick Pyttel, Dr. rer. nat. Matthias Wilnhammer, A. Schießl

    Forschungsprojekt "Energiewende und Waldbiodiversität" gestartet (2013) AFZ-Der Wald 68 (8), S. 20-21.

  • Christina Schumann, Dr. Patrick Pyttel, Prof. Dr. Andreas Rothe

    Energieholz im Zielkonflikt zwischen Forstwirtschaft und Naturschutz (2014) forstarchiv 85 , S. 102-106.

    Im Jahr 2011 entfiel mehr als ein Drittel der erneuerbaren Energien am gesamten Endenergieverbrauch in Deutschland auf Energieholz (Spellmann 2013). Die steigenden Preise für fossile Energieträger sowie die sich kontinuierlich verbessernde Ernte- und Verarbeitungstechnik machen die energetische Nutzung forstlicher Biomasse immer interessanter. Gemäß dem Nationalen Aktionsplan für erneuerbare Energien der Bundesregierung soll die Nutzung der Bioenergie weiter ausgebaut werden (BMU 2010). Obschon nach Auffassung von Experten die Verfügbarkeit an Biomasse aus dem Wald nicht mehr beliebig gesteigert werden kann (Neumann 2012), nimmt der Nutzungsdruck auf die Wälder weiter zu (Kölling und Borchert 2013). Das Deutsche Biomasse Forschungszentrum prognostiziert aufgrund des steigenden Bedarfs nach Holz, auch bedingt durch die Energiewende, bereits für das Jahr 2020 eine Holzversorgungslücke von 20 - 30 Mio. m2 (Thrän et al. 2009). Die Prognosen zur Waldholznutzung verursachen bei forstlichen Akteuren und Waldnutzern die Befürchtung, dass die verschiedensten Waldfunktionen beeinträchtigt werden oder gar gänzlich verloren gehen. Im vorliegenden Beitrag werden die durch die zunehmende Energieholznutzung verstärkten Interessenkonflikte im Themenbereich Waldbiodiversität umrissen und mögliche waldbauliche Konfliktlösungsstrategien aufgezeigt.

Projektleitung HSWT-Verbund

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