• Laufzeit: 01.07.2022 – 31.10.2024
  • Schwerpunkt: Umweltvorsorge

Harmonisierte Ansprache von FFH-Wald-Lebensraumtypen für eine bundesweit inhaltlich abgestimmte Datengrundlage zur FFH-Berichterstattung und zur Verbesserung der Erhaltungszustände inclusive Erfassung der Krautschicht in Ergänzung zur 4. Bundeswaldinventur (LRT-BWI)

Das im Auftrag des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) von HSWT (Federführung), Hochschule für Nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE) und Thünen-Insitut (TI) durchgeführte Vorhaben erarbeitet Empfehlungen für eine bundesweit harmonisierte Ansprache der Wald-Lebensraumtypen (WLRT) der europäischen Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-RL) als Basis für Management, Berichterstattung und Monitoring. Grundlage dafür ist eine vergleichende Analyse der Länderverfahren und eine repräsentative Aufnahme der Vegetation der häufigen WLRT (9110, 9130, 9160, 9170, 9410) an ausgewählten Rasterpunkten der 4. Bundeswaldinventur (BWI-2022).

Bestandsbild eines Eichen-Buchen-Hainbuchen-Waldes der Frankenhöhe
Galio-Carpinetum, Heilige Hallen © HSWT
Ein zu einem Quadrat geformter Meterstab begrenzt einen Waldbodenbestand für eine Fotoaufnahme
Vegetationsaufnahme © HSWT

Hintergrund und Motivation

Ansprache, Abgrenzung und Bewertung von WRLT nach Anhang I der FFH-RL sind ein wesentlicher Bestandteil des naturschutzfachlichen Monitorings und eine wichtige Voraussetzung zur Erfüllung der Berichtspflichten im europäischen Schutzgebietssystem Natura 2000 (Ssymank et al. in Vorb.). Die BWI liefert als waldgesetzlich vorgeschriebene, deutschlandweite Inventur von Waldfläche und Produktivität Grundlagen für forst- und umweltpolitische Entscheidungen (BMEL 2014) und wird angesichts der wachsenden Bedeutung der Wälder für den Biodiversitätsschutz zunehmend naturschutzfachlich ausgewertet und interpretiert (Reise et al. 2017).

Von den in Anhang I der FFH-RL aufgeführten WLRT kommen insgesamt 19 in Deutschland vor. Sie sind im EU Interpretation Manual für die FFH-LRT (European Commission/ DG Environment 2013) definiert und im zweiten Teilband des BfN- Handbuchs (Ssymank et al. in Vorb.) für Deutschland detailliert beschrieben. Obwohl die deutschen Bundesländer ihre WLRT-Beschreibungen auf diesen Vorgaben aufsetzen, unterscheiden sich ihre Definitionen teilweise deutlich voneinander, insbesondere hinsichtlich des lebensraumtypischen Arteninventars, der vorkommenden Pflanzenarten und ihrer Dominanzverhältnisse. Diese Unterschiede sind v.a. dem Bestreben der Länder geschuldet, die Variabilität in der biogeographischen Ausstattung der Naturräume abzubilden. Noch größere Unterschiede in der Interpretation der WLRT sind zwischen angrenzenden Mitgliedsstaaten der EU anzunehmen.

In die Erhebung und Bewertung des Erhaltungszustands gemäß FFH-RL fließen neben den naturschutzfachlichen Daten der Länder Daten des FFH-Monitorings ein, das 2007 für die atlantische und kontinentale Region Deutschlands eingeführt wurde (vgl. u. a. Sachteleben & Behrens 2010). Die EU macht für die Erhebung keine methodischen Vorgaben, empfiehlt aber die Verwendung von Stichprobenverfahren für häufige bzw. weit verbreitete Schutzgüter. In Deutschland wurde das Vorgehen bei der Erfassung und Bewertung der einzelnen Schutzgüter in Form von länderübergreifend abgestimmten Bewertungsschemata dokumentiert (BfN & BLAK 2017). Die Kriterien für die „Vollständigkeit des lebensraumtypischen Arteninventars“ wurden in einer Datenbank dokumentiert.

Für die häufigen WLRT 9110, 9130, 9160, 9170 und 9410 wurden seit 2013 neben Daten der Länder regelmäßig Daten aus der BWI für die Herleitung des Parameters "spezifische Strukturen und Funktionen" (sS&F) der nationalen FFH-Berichte genutzt.

Aus dem ganzjährigen Aufnahmezeitraum der BWI resultieren jedoch größere Lücken bei der Erfassung des Merkmals „Arteninventar“ (krautige Vegetation) als Teil des Parameters sS&F und in der Ansprache der Eichen-Hainbuchen-WLRT 9160 und 9170 (Kroiher et al. 2017, vgl. auch Maciejewski et al. 2022). Eine Verbesserung der Ansprache- und Bewertungsmethodik erfordert deshalb eine vollständige Erfassung des Arteninventars durch Vegetationsaufnahmen (vgl. Chytrý et al. 2020).

Vegetationsaufnahmen nach dem von Braun (1913) eingeführten Standard werden in Deutschland seit über 100 Jahren erhoben und werden heute vielfach in Datenbanken (z. B. vegetweb.de) archiviert (Ewald 2005, Jansen et al. 2015). Ihre räumliche Verteilung folgt aber üblicherweise keinem statistisch repräsentativen Sampling Design, sodass Analysen im Zuge eines Monitorings nur bedingt möglich sind.

Bundesweite Vegetationsaufnahmen von Wäldern, die nach einem statistisch repräsentativen Sampling Design erhoben wurden, liegen bislang nur von den Punkten der Bodenzustandserhebung im Wald (BZE II) vor (Ziche et al. 2016). Diese decken auf Grund des weiten Inventurrasters die nach der FFH-RL geschützten WLRT aber nur unzureichend ab. Außerdem werden im FFH-Modul der BWI bereits Daten zu weiteren Merkmalen erhoben, die für die Bewertung der sS&F erforderlich sind. Deshalb ist die in diesem Vorhaben vorgeschlagene Verwendung der BWI-Stichprobe notwendig.

Zielsetzungen

Das Vorhaben hat zum Ziel, konkrete Empfehlungen für eine bundesweit harmonisierte Ansprache der Wald-Lebensraumtypen (WLRT) der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-RL) als Basis für das Management, die FFH-Berichterstattung nach Art. 17 FFH-RL zu erarbeiten und im Rahmen des Monitorings nach Art. 11 FFH- RL die Daten der 4. Bundeswaldinventur (BWI-2022) zu häufigen WLRT um eine Aufnahme der krautigen Bodenvegetation zu ergänzen und diese Daten in die Bewertungen des Erhaltungsgrades bzw. Erhaltungszustandes der WLRT zu integrieren. Bisher haben die Bundesländer in ihren Kartieranleitungen bzw. bei den Gebietsmeldungen WLRT-Definitionen zugrunde gelegt, die zwar auf den einheitlichen Vorgaben des EU Interpretation Manual aufsetzen, sich jedoch mit Blick auf wesentliche Aspekte – speziell beim lebensraumtypischen Arteninventar und den Dominanzverhältnissen – teilweise deutlich voneinander unterscheiden. Mit Blick auf die FFH-Meldepflichten spielen insbesondere auch verschiedene Interpretationen von "primären" und "sekundären" Ausprägungen der WLRT 9160 und 9170 eine Rolle.

Um die Ansprache und Bewertung häufiger WLRT signifikant zu verbessern, verfolgt das Vorhaben folgende operationale Ziele:

  1. Erarbeitung eines umfassenden Reviews zu den Ansprachekriterien der Länder mit Blick auf die entscheidenden Kategorien der Standortsvorgaben, des pnV-Bezugs, der Baumartenanteile, der Krautschicht, der Ansprache von Alters- und Jugendphasen etc.
  2. Ableitung konkreter Empfehlungen zur einheitlichen Ansprache und Bewertung der einzelnen WLRT mit Methodentest im Gelände in verschiedenen Bundesländern.
  3. Ergänzung der BWI-2022 um eine Aufnahme der krautigen Bodenvegetation der häufigen WLRT (9110, 9130, 9160, 9170, 9410) getrennt nach biogeografischen Regionen als Ergänzung der Bewertung des Kriteriums der Vollständigkeit des lebensraumtypischen Arteninventars.
  4. Integration der zusätzlich erhobenen Daten zur krautigen Bodenvegetation in die bestehenden WLRT-Bewertungen, Weiterentwicklung der Bewertungsmethodik für die häufigen WLRT für den kommenden FFH-Bericht im Jahr 2025 und Ableitung von Schlussfolgerungen für eine Verbesserung des Erhaltungszustands der häufigen WLRT.

Vorgehensweise

Das Vorhaben gliedert sich in folgende Arbeitspläne (AP) auf:

AP 1: Vergleich der Verfahren und Harmonisierung der WLRT-Ansprachen
AP 1 wird von der HSWT durchgeführt und beinhaltet einen Vergleich der Interpretation und Ansprache der WLRT 9110, 9130, 9160, 9170 und 9410 in a) den Bundesländern und b) ausgewählten Nachbarstaaten sowie c) einen synoptischen Review der Verfahren mit Empfehlungen zur Harmonisierung.

AP 2: Vegetationsaufnahmen der BWI
Im Rahmen der BWI-2022 wird 2023 eine standardisierte Vegetationsaufnahme mit vollständiger Erfassung der Bodenvegetation in einer Unterstichprobe jener Traktecken (TE) durchgeführt, die den häufigen WLRT (9110, 9130, 9160, 9170, 9410) zugeordnet und an Hand der Waldbodenvegetation als solche verifiziert sind.

AP 3: Auswertung, Expertensystem, Monitoringkonzept

In diesem AP werden die Daten aus AP 2 hinsichtlich des lebensraumtypischen Arteninventars ausgewertet, die Algorithmen der BWI werden zu einem Expertensystem weiterentwickelt und mit den Erkenntnissen aus AP1 zu einem Monitoringkonzept zusammengeführt.

AP 4: Projektbegleitende Arbeitsgruppe, Workshop, Publikationen, Abschlussbericht
Das AP 4 umfasst neben der laufenden Information des Auftraggebers (AG) die Einrichtung und Einbindung einer projektbegleitenden Arbeitsgruppe (PAG), die Ausrichtung eines Bundesworkshops und die Publikation der Ergebnisse.

Projektleitung HSWT

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