• Laufzeit: 15.07.2021 – 14.07.2023
  • Schwerpunkt: Biodiversität
  • Forschungsstatus:  Abgeschlossen

Brandschutz bei grünen Fassaden

  • Verbundprojektleitung: Prof. Dr.-Ing. Stefan Winter

Hintergrund und Motivation

In den letzten Jahren gewinnen begrünte Fassaden mit Blick auf eine nachhaltige Stadtentwicklung zunehmend an Bedeutung. Zum Brandverhalten von begrünten Fassaden und der daraus folgenden Brandweiterleitung über die Fassaden stehen nur eine geringe Anzahl an Erkenntnissen zur Verfügung. Dieses Forschungsvorhaben soll Aufschlüsse über das Brandverhalten von Fassadenbegrünung, unter Berücksichtigung verschiedener Systeme und Pflanzenarten, liefern und konkrete Vorgaben bzw. Aufschlüsse für die gezielte sichere Verwendung von Fassadenbegrünungen liefern. Durch diese Aufschlüsse soll der gezielte flächendeckende Einsatz von Fassadenbegrünungen, unter Berücksichtigung des aktuellen Sicherheitsniveaus, ermöglicht werden.

Die Erkenntnisse dieses grundlagenbasierten Forschungsvorhabens dienen

  • Vertreter:innen der Bauaufsicht und Brandschutzdienststellen zur Bewertung der brandschutztechnischen Risikobeurteilung für begrünte Fassaden,
  • Planer:innen der Fassadenbegrünung für die Wahl und Entwicklung sicherer begrünter Fassaden für zukünftige Bauprojekte.

Forschungsfragen

Die wesentlichen zu lösenden Forschungsfragen können wie folgt zusammengefasst werden:

  • Welchen Einfluss hat die Pflanzenart auf das brandschutztechnische Systemverhalten der begrünten Fassade?
  • Welchen Einfluss haben Gerüstkletterhilfen, Verankerungen, Unterkonstruktionen, Bewässerungsanlagen und herstellerspezifische Systeme auf das brandschutztechnische Systemverhalten der begrünten Fassade?
  • Welchen Einfluss hat die Begrünungsintensität auf das brandschutztechnische Systemverhalten der begrünten Fassade?
  • Welche brandschutztechnisch konstruktiven Maßnahmen sind für begrünte Fassaden zielführend?
  • Welchen begünstigenden Faktor für eine Verhinderung der Brandweiterleitung könnten vorhandene Bewässerungssysteme einnehmen?
  • Entstehen bei der Verbrennung von begrünten Fassaden Atemgifte?
  • Wie ist eine begrünte Fassade bauordnungsrechtlich zu bewerten und welche Anforderungen gelten?
  • Gibt es brandschutztechnisch einen Unterschied zwischen bodengebundenen Begrünungen (mit Bodenanschluss) im Vergleich zu wandgebundene Begrünungen (ohne Bodenanschluss)?
  • Lasen sich über kleinmaßstäbliche versuchstechnische Beurteilungen an begrünten Fassaden auch Aussagen bezüglich einer Endanwendung ableiten, um aufwendige Zulassungsversuche zu ersetzen?
  • Welche organisatorischen Maßnahmen muss ein Gebäudebetreiber nach Fertigstellung des Bauvorhabens ergreifen um die Sicherheit, in Bezug auf die begrünte Fassade, über den Betrieb des Gebäudes zu gewährleisten?
  • Welche begrünten Fassadenformen führen unter welchen Randbedingungen auch ohne konstruktive oder anlagentechnische Maßnahmen nicht zu einer Veränderung des aktuellen brandschutztechnischen Sicherheitsniveaus?

Vorgehensweise

Zu Beginn des Forschungsvorhabens werden die maßgebenden und am häufigsten zur Anwendung kommenden Pflanzarten und Grünfassadensysteme identifiziert und gruppiert. Mit Hilfe dieser Vorauswahl sind deren Beitrag zur Brandausbreitung und Wärmefreisetzung der einzelnen Pflanzenarten und deren Eigenschaften (z.B. sommergrün oder immergrün) zu untersuchen. Auf Basis erster skalierter Fassadenbrandversuche soll diese Gruppierung weiterführend untersucht und bezüglich des Einflusses konstruktiver Randbedingungen wie Art der Rankgerüste oder Art der Fassadenoberfläche und Außenwandbekleidung erweitert werden.

Großmaßstäbliche Brandversuche nach DIN 4102-20 und -24, unter Berücksichtigung verschiedener Pflanzenarten und Systeme, sowie Unterkonstruktionen (Außenwand) sollen abschließend aufzeigen, inwiefern sich die gruppierten Fassadenbegrünung infolge eines Feueraustritts aus einer Fassadenöffnung bzw. eines Sockelbrandes am Brandgeschehen beteiligt. In dem flammenbeaufschlagten Bereich (Primärbrand) ist von einer vollständigen Verbrennung der Begrünung auszugehen. Für eine Beurteilung der „Schwerentflammbarkeit“ von Fassadenbegrünungen ist es entscheidend, die eigenständige Brandausbreitung außerhalb des Stützfeuers (Primärbrandbereich) zu erfassen. Dadurch kann festgestellt werden, ob durch Fassadenbegrünungen eine Brandweiterleitung entlang der Fassade begünstigt wird. Ebenfalls soll der ggf. positive Einfluss von Bewässerungssystemen untersucht werden.

Weiterführend soll unter Einbezug der projektbeteiligten Feuerwehren deren Meinungsbild in entsprechenden Umfragen erfasst werden. Die produktneutralen und allgemein gültigen Erkenntnisse aller Untersuchungen sollen im Anschluss in konkrete Vorgaben, technische Maßnahmen und Auswahlkataloge für brandschutztechnisch sichere begrünte Fassaden einfließen. Hier ist besonders wichtig, dass auch das langfristige Verhalten der Fassadenbegrünung aus botanischer Sicht in diese Ergebnisse eingehen.

Zielsetzung

Das Ziel des Vorhabens ist es, grundlagenbasierte, produktneutrale, allgemein gültige, abgestimmte und nachgewiesene brandschutztechnische Lösungsmöglichkeiten zur Anwendung von Fassadenbegrünungen bei mehrgeschossigen Gebäuden unter Berücksichtigung des einzuhaltenden Schutzniveaus zu generieren und der breiten Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Das trägt direkt zum dringend notwendigen klimaneutralen Bauen und der nachhaltigen Gestaltung urbaner Lebensräume der Zukunft bei.

Diese Lösungen sollen den Einsatz von begrünten Fassaden in Deutschland zukünftig vereinfachen. Für die am häufigsten zum Einsatz kommenden Systeme und Pflanzenarten liegen nach dem Vorhaben konkrete Ergebnisse vor, wie sich diese auf das brandschutztechnische Sicherheitsniveau auswirken. Weiter sind erste Maßnahmen untersucht, die dieses Schutzniveau sicherstellen können. Diese Grundlagen sind auch auf andere Systeme in der Zukunft übertragbar und können entsprechend weiterentwickelt werden.

Entscheidend ist, dass die Ergebnisse für alle Vertreter und Gruppen wie Feuerwehr, Bauaufsicht, Planer und Praxispartner nachvollziehbar, praxistauglich und akzeptabel sind. Durch das frühzeitige Involvieren der Interessensvertreter in das eigentliche Forschungsvorhaben wird dies sichergestellt. Durch Einbezug der bauaufsichtsführenden Organe können sogar schon erste Projektergebnisse innerhalb der Laufzeit umgesetzt werden und grundlegende brandschutztechnische Bedenken gegen Fassadenbegrünungen überprüft und ggf. entkräftet werden.

Messbar ist das Ergebnis dadurch, dass begrünte Fassaden im Anschluss an das Vorhaben unkomplizierter zum Einsatz kommen können, bzw. die notwendigen Maßnahmen zum Nachweis des Sicherheitsniveaus durch das Vorhaben im Grundsatz bekannt sind.

Verbundprojektleitung

Projektbearbeitung

Partner

Adressierte SDGs (Sustainable Development Goals)