In einem interdisziplinären Forschungsprojekt in der Modellregion Burghausen/Burgkirchen werden in enger Zusammenarbeit mit Landwirten und Trinkwasserversorgern die Zusammenhänge zwischen Standortbedingungen, landwirtschaftlicher Flächennutzung und Nitratverlusten untersucht. Dabei kommen innovative Ansätze des digitalen Stickstoffmanagements und der sensorgestützten teilflächenspezifischen Düngung zum Einsatz, mithilfe derer Maßnahmen zur Nitratminderung abgeleitet und umgesetzt werden.
Die Ursachen von Nitratverlusten werden auf landwirtschaftlichen Nutzflächen in Betrieben unterschiedlicher Struktur und Bewirtschaftungsintensität (vom extensiven ökologischen Marktfruchtbau bis zum konventionell- intensiven Biogasbetrieb) analysiert. Hierzu werden die betrieblichen N-Kreisläufe, die N-Salden (N-Verlustpotenziale), die N-Effizienz, die potenziellen Nitratverluste sowie die Nitratkonzentration des Sickerwassers mit einem neuentwickelten webbasierten N-Managementsystem untersucht. Es werden Algorithmen zur Berechnung von teilflächenspezifischen N-Salden und Nitrataustragspotentialen entwickelt. Die berechneten Nitratverluste werden in Beziehung zu Nitrat-Tiefenprofilen gesetzt, die durch Rammkernsondierung ermittelt werden (Vergleich von Mess- und Modellwerten, Modellvalidierung).
Erstmals kommt in der Modellregion ein neuentwickeltes N-Düngesystem nach dem Prinzip „Online + Map-overlay“ zum Praxiseinsatz. Hierbei werden Standortinformationen (Bodenheterogenität, teilflächenspezifische Ertragspotenziale) und Daten multispektraler Sensoren zur aktuellen Bestandsentwicklung (Biomassebildung, N-Entzug) verknüpft. Mit wissenschaftlich begründeten Düngealgorithmen wird der N-Bedarf von Weizen, Gerste, Raps und Mais in verschiedenen Wachstumsstadien berechnet. Die in vorangegangenen Forschungen erarbeiteten wissenschaftlichen Grundlagen zur teilflächenspezifischen Düngung werden in diesem Projekt in eine praxisnahe Lösung überführt (Anwendung des Düngesystems unter Praxisbedingungen, Erarbeitung von Düngerapplikationskarten, Umsetzung der Algorithmen durch Steuerung eines Düngerstreuers über ISOBUS).
Die Ergebnisse der sensorgestützten, teilflächenbezogenen N-Düngung werden evaluiert. Auf Messparzellen und Streifenversuchen erfolgt ein Vergleich zur betriebsüblichen N-Düngung hinsichtlich der Parameter Ertrag, Produktqualität (Proteingehalt), N-Saldo und N-Effizienz. Für den Einsatz als Instrument im Trinkwasserschutz erfolgt die Ableitung und Erprobung von am Wasserschutz orientierten N-Düngealgorithmen (Wasserschutzgebietsalgorithmen). Hierbei wird nicht nach dem Ertragsmaximum oder dem ökonomischen Optimum gedüngt, sondern eine besonders grundwasserschonende N-Düngung realisiert (z. B. Verzicht auf 5 bis 10 % des Ertrages, dadurch deutliche Einsparung von Mineral-N und Minderung der N-Salden). Die notwendigen Ausgleichszahlungen zur Kompensation der Ertrags- und Einkommensverluste werden ermittelt. Die Düngealgorithmen kommen auf Flächen mit hohem Nitrataustragsrisiko zur Anwendung.
Weckesser, F.; Leßke, F.; Luthardt, M.; Hülsbergen, K. (2021): Conceptual Design of a Comprehensive Farm Nitrogen Management System. Agronomy 11, 2501 (12). DOI: 10.3390/agronomy11122501
Data that are required for nutrient management are becoming increasingly
available in digital format, leading to a high innovation potential for
digital nitrogen (N) management applications. However, it is currently
difficult for farmers to analyze, assess, and optimize N flows in their
farms using the existing software. To improve digital N management, this
study identified, evaluated, and systematized the requirements of
stakeholders. Furthermore, digital farm N management tools with varying
objectives in terms of system boundaries, data requirements, used
methods and algorithms, performance, and practicality were appraised and
categorized. According to the identified needs, the concept of a farm N
management system (FNMS) software is presented which includes the
following modules: (1) management of site and farm data, (2)
determination of fertilizer requirements, (3) N balancing and cycles,
(4) N turnover and losses, and (5) decision support. The aim of FNMS is
to support farmers in their farming practices for increasing N
efficiency and reducing environmentally harmful N surpluses. In this
study, the conceptual requirements from the agricultural and computer
science perspectives were determined as a basis for developing a
consistent, scientifically sound, and user-friendly FNMS, especially
applicable in European countries. This FNMS enables farmers and their
advisors to make knowledge-based decisions based on comprehensive and
integrated data.
Abstract
 mehr
 
Open Access